23.12.18

Gäste, Airbnb-Produkte, temporäre Mitbewohner – man kann nicht mit ihnen und könnte soviel besser ohne sie. Doch zumindest gewähren sie Einblick in den internationalen Wahnsinn, der da draußen steppt.

Der huschmäusigie Argentinier, der alle 15 Minuten kacken geht (ohne abzuschließen) und seinen Abwasch im Kühlschrank parkt; die russische Spindeltunte, deren erster Satz „May I use your Shampoo?“ lautet, womit ihr Englischvorrat auch verbraucht wäre; das amerikanische Bleichgraugelbgesicht, das sich in seinem Zimmer einmauert und nach Installation diverser Wandteppiche als Psychowanze entpuppt; das transusige Franzosenpärchen, das in seinen Fickpausen halbnackt vor der Glotze im Salon lungert und Filme gafft, von denen es kein Wort versteht; der gauleitende Deutsche, der penibel alle Mängel notiert, inklusive des „knarzenden“ Parketts (so was gibt’s im Westen nicht); der aromatische Israeli, der seit Abknipsung seines Profilbildes deutlich drei Zentner zugelegt hat und sich zehn Tage lang verbarrikadiert, um sich einzuquarzen und abzumüllen; die bigotte Tennisschuhträgerin aus Paris, der es um nicht weniger als die Heilung des Planeten geht; der an Hare Krishna gemahnende Schwule aus Skandinavien, der nicht etwa zum CSD anreist, sondern zu einem Selbstbefreiungs- und Spontanflugseminar; die dem Wahnsinn anheim gefallene Lesbe, ebenfalls Gallien entronnen, die sich von einem überirdischen Geheimdienst beobachtet glaubt und ihre Kippen einsammelt, damit die Aliens nicht an ihre DNA  gelangen, um, ausgerechnet!, sie zu klonen; der Brasilianer, der nicht glaubt, dass man mitbekommt, wenn er „heimlich“ drei weitere Kumpels im Bettkasten der Schlafcouch bunkert; der munter-urbane Rentner mit Socken in Sandalen, der ob des mangelnden Zimmerservices krötet; der koreanische Pygmäe, der seine Winzigkeit mit Lautstärke katalysiert und sich bellend über das Tempo des hiesigen Internet beschwert. Allesamt Monster, Lemuren, Vampire, Gespenster in der globalen Geisterbahn. Wenn man nicht wüsste, dass sie außerhalb des ihnen zur Verfügung gestellten Geheges, das sie normalerweise als Schrottplatz verhunzen, nicht weiter ins Gewicht fallen (bis auf den Fleischberg aus Tel Aviv freilich), es würde einem die Reiselust vergehen.

Aber was soll’s? Man fährt schließlich nicht nach Italien der Italiener wegen. Und eines stimmt versöhnlich: Dass es ein universelles Einvernehmen gibt, eine alle menschlichen oder menschähnlichen Kreaturen verbindende Eigenschaft: Niemand klappt den Klodeckel nach Verrichtung runter.

Das sind Momente, da einen die Erkenntnis streift: Vielleicht gibt es ja doch einen Gott?