Wenn man vor die Wahl gestellt ist, sich Andreas Gabalier auf dem MDR oder Mario Barth auf RTL anzuschauen, dann kann man die Nöte des Laboranten nachvollziehen, welcher Untersuchung von was für einer Stuhlprobe er den Vorzug gibt. Gabalier hat von Musik keine Ahnung, Barth versteht nichts von Komik, doch beide füllen mit ihrem Unvermögen ganze Stadien.
Alea iacta est – die Würfel fielen auf Gabalier, den eigentümlichen Elvis-Yeti aus der Steiermark, der seit drei Jahren mit geradezu beängstigendem Erfolg die Massen mit rockig aufgedunsener Volksmusi beschallt und, wie seinerzeit die Beatles mit Schlüpfern, von seinen entfesselten weiblichen Fans mit Stützunterwäsche beworfen wird.
Der MDR ist ein launiger Ableger des Ersten – sein Programm bestallt er aus hemmungslos zur Schau gestellter Ostalgie, billig zusammengeflickten Shows bestehend aus behäbigen Fetzen alten DDR-Budenzaubers, betulichen Sketchprogrammen abgehalfterter, zumeist betont sächsisch-stämmiger „Humoristen“ und Wiederholungen oller Polizeiruf 110 Krimis, deren Spannungsfaktor in einer Republik, in der es offiziell keine Verbrechen gab, sich eher im Minusbereich befindet.
Freilich hat der „Plaste und Elaste aus Zschoppau“- und miefige Furniercharme der zumeist überlangen Verstrahlungen einen morbiden Reiz. Aber dieses regelrecht satanistische Heraufbeschwören der guten alten STASI-Fuselzeit ist kulturell und politisch betrachtet doch bitteschön mehr als fragwürdig.
Andreas Gabalier jedenfalls ist in die Riege der Zumutbarkeit des MDR-Zuschauers aufgerückt, wiewohl seine alpenländische Folklore so gar nichts mit Harz und Erzgebirge zu tun hat, und auch seine österreichischen Sprachfindungsprobleme sich kaum für den Raum Sachsen, Thüringen, etc… erschließen lassen. Der dralle Bursche mit den Stempelbeinen, der obligatorischen Krachledernen und der betonierten Schmalztolle nennt sich selbst „Volksmusik-Rocker“ und erzählt gern, wie er schon als Bub die dolle Ballermannmusi und das Après-Ski-Gegröle mit dem Esprit der 50’er und 60’er mixen wollte. Auf niedrigem Niveau ist ihm dies sogar gelungen. Seine Kracher kann jeder Primat bis 3,5 Promille bewusstlos mitpöbeln, und zwischendurch sorgen einige ordentlich triefende Balladen für Atem- und Saufpausen.
Lustig ist, dass dem Sänger selbst nach einer Viertelstunde die Stimme schwindet – Gesangsunterricht hilft. Das Mikro des wuchtigen Gams-Rockers ziert ein kleines Geweih, das er bisweilen mit ihm zugeworfener Unterwäsche ziert. Holldrio.
Gabalier führt die Legion derer an, die das für tot erklärte Genre der Volksmusik wiederbeleben. Ob das nun ein Fortschritt ist oder ob man die Leich nicht besser hätte ruhen lassen sollen? Diese Entscheidung muss wohl jeder für sich treffen. Ich jedenfalls habe dem Jodeldödelrummsassa keine Träne nachgeweint.
Der Beitrag erschien zuerst im Berliner Kurier